Ein Beitrag von LuzernerZeitung
Beide Länder liegen bei der Immunisierung der Bevölkerung ganz vorne, doch die Delta-Variante verbreitet sich rasant. Woran liegt das?
Noch bis Mitte Juli war alles gut. Island hatte Corona erfolgreich zurückgedrängt und unter Kontrolle. Doch plötzlich schnellten die Fallzahlen in die Höhe, sie gehören nun zu den höchsten Europas. Es ist eine vierte Welle, die kräftiger ist als die vorhergehenden.
Als Hauptquellen für die Ansteckungen identifizierte Chefepidemiologe Thorolfur Gudnason das Nachtleben in Reykjavik und Einreisen nach Island, insbesondere eines Fussballteams, das an einem Turnier in London teilgenommen hatte, und einer Gruppe aus Kreta. Die Fälle waren längere Zeit nicht entdeckt worden, da Geimpfte bis 27. Juli für die Einreise keine Tests mehr benötigten – was auch den Tourismus erleichterte. Doch nun machen Geimpfte die Mehrheit der Angesteckten aus.
Enttäuscht über die Impfwirkung
Gudnason und andere Experten zeigten sich enttäuscht über die Wirkung der Impfungen: Obwohl die Insel mit ihren 360000 Einwohnern die höchste Impfquote Europas hat - 75 Prozent der Bevölkerung sind zweifach geimpft plus 6 Prozent einfach - breitete sich die Delta-Variante zeitweise exponentiell aus.
Es zeige sich, erklärte Gudnason, dass auch Geimpfte Infektionen relativ leicht weitergeben – Herdenimmunität sei so nicht möglich. Allerdings wirkten die Impfungen insofern gut, als dass es nur wenige schwere Erkrankungen gebe. Regierungschefin Katrín Jakobsdottir erklärte am Dienstagabend, nun beginne ein neues Kapitel der Epidemie: Mit vielen Infektionen, aber vermutlich gutem Schutz vor ernster Krankheit.
Das Gesundheitswesen kommt dennoch unter Druck, insbesondere die Kontaktverfolgung und die Testinfrastruktur. Aber auch im Universitätsspital fehlt es an Personal, wegen der Sommerferien und weil viele Personen in Quarantäne mussten. In ganz Island sind momentan mehrere Tausend in Quarantäne, weil sie als Ungeimpfte eingereist oder Nahkontakte sind; wegen der verschärften Lage betrifft dies nun auch Geimpfte.
Mehr als 6000 Infektionen in Israel an einem Tag
Die isländische Regierung hat wieder zu Restriktionen gegriffen, von denen das Land längst befreit war: Neben der Testpflicht für alle vor der Einreise sind Veranstaltungen auf 200 Personen beschränkt, es gilt eine Abstandspflicht von einem Meter oder eine Maskenpflicht, Zulassungsbeschränkungen für Lokale sowie frühere Schliesszeiten für Bars. Weiter wurde bereits beschlossen, eine dritte Impfdosis abzugeben.
Ähnlich wie Island ergeht es in Sachen Ansteckungen derzeit Israel. Erstmals seit einem halben Jahr sind in Israel wieder mehr als 6000 Coronainfektionen an einem Tag nachgewiesen worden. Wie das Gesundheitsministerium am Dienstag berichtete, wurden am Montag 6275 Fälle erfasst. Gleichzeitig nähert sich die Zahl der schwerkranken Patienten der Marke von 400.
Gut 58 Prozent der rund 9,4 Millionen Israelis sind vollständig geimpft. Vor kurzem hatte das Gesundheitsministerium Zahlen vorgelegt, nach denen die Effektivität der in Israel verwendeten Biontech/Pfizer-Impfung seit Anfang Juni stark nachgelassen hat. Nach Angaben des Ministeriums verhindert die Impfung eine Corona-Infektion nur noch zu 39 Prozent und schwere Erkrankungen zu 91 Prozent.
Angesichts der steigenden Infektionszahlen gelten seit Sonntag wieder verschärfte Massnahmen, darunter eine Maskenpflicht bei Events im Freien mit mehr als 100 Teilnehmern.
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