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Wie der Bund die Impfung schönredet

Ein Beitrag vom Weltwoche

Die Behörden drängen das Volk mit emotionalen Kampagnen zur Impfung. Ihre Informationen zu Wirksamkeit und Sicherheit sind jedoch fragwürdig.


21.07.2021 Kati Schepis

Handeln nach Grundsätzen, die normalerweise für alle gelten – das scheint nicht die Linie des Bundesamts für Gesundheit (BAG) zu sein. Mit dem Spruch «Ein Herz für uns alle» und dem Appell an die Solidarität betreibt das BAG eine Werbekampagne für die Covid-19-Impfung. Für Jugendliche wurde ein fröhlich-buntes Comic-Merkblatt zusammengestellt, um sie zum Impfen zu motivieren. Das sind «Massnahmen zur Information, Marktbearbeitung und Schaffung von Anreizen, welche zum Ziel haben, [. . .] die Anwendung von Arzneimitteln zu fördern», und das gilt laut Arzneimittel-Werbeverordnung als Werbung. Publikumswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel ist eigentlich nicht erlaubt. Im Fall der Impfung scheint das die Behörden nicht zu kümmern.


Auch zur Genauigkeit der Informationen stellen sich Fragen. Das BAG schreibt auf seiner Homepage unter der Rubrik «Nebenwirkungen, Mythen & Fragen»: «Impfungen werden von Swissmedic nur zugelassen, wenn sie sicher und wirksam sind. Dafür werden sie gründlich getestet.» Stimmt das? Welche formalen Voraussetzungen sind bei einer Zulassung von Arzneimitteln normalerweise zu erfüllen? Eine kurze Beurteilung:

Wie gut sind die Wirksamkeitsanalysen?


Die Covid-Impfstoffe wurden befristet zugelassen. Laut Heilmittelgesetz dürfen nur Arzneimittel gegen lebensbedrohende oder invalidisierende Krankheiten befristet zugelassen werden. War dieses Kriterium im aktuellen Fall erfüllt? Zahlreiche Argumente sprechen dagegen.


Die Spitäler sind nie annähernd an Kapazitätsgrenzen gestossen, Intensivbetten wurden gar abgebaut, Spitäler geschlossen. 2020 fiel keine Übersterblichkeit auf, wenn die Bevölkerungsdaten korrekt berücksichtigt werden. Und laut Schätzungen ist die Todesrate bei Infektion (IFR) für die Gesamtbevölkerung mit 0,15 Prozent nicht höher als bei der Grippe, die für Kinder und Jugendliche übrigens deutlich gefährlicher ist. Insgesamt deutet wenig darauf hin, dass die Kriterien für eine befristete Zulassung erfüllt sind. Hinzu kommt: Laut einer von Swissmedic herausgegebenen Wegleitung muss ein Arzneimittel, das befristet zugelassen wird – neben der für alle Arzneimittel geltenden Bedingung, dass es sicher, wirksam und qualitativ hochstehend ist – einen «grossen therapeutischen Nutzen» belegen. Hierbei muss der gewählte primäre klinische Wirksamkeits-Endpunkt der Zulassungsstudie – also das Hauptziel der Impfung – klinisch relevant sein, diese Endpunktereignisse müssen ausreichend häufig auftreten, und eine Kausalität zwischen Behandlung und klinischem Effekt muss erkennbar sein.


Was viele nicht wissen: Bei den Zulassungsstudien der Covid-Impfstoffe war der primäre Wirksamkeitsendpunkt eine «leichte Covid-Erkrankung», entsprechend ein bis zwei Symptomen wie zum Beispiel Kopfschmerzen, Husten oder Fieber in Kombination mit einem positiven RT-PCR-Test. Ist es klinisch oder gar gesellschaftlich relevant, solche Bagatellereignisse zu reduzieren? Wäre nicht viel relevanter, zu untersuchen, ob ein Impfstoff auch schwere Erkrankungen in Verbindung mit einem Aufenthalt im Spital oder gar auf einer Intensivstation reduziert? Man sollte es meinen, aber diese Frage wurde in den Studien lediglich in einem sekundären Endpunkt untersucht und bis heute nicht beantwortet. Dass man so vorgegangen ist, wird mittlerweile in namhaften wissenschaftlichen Zeitschriften hinterfragt.


Wie gut haben denn die Impfstoffe eigentlich ihre Wirksamkeit bewiesen? «Leichte Covid- Erkrankungen» traten in den Zulassungsstudien trotz «grassierender Pandemie» bei weniger als einem Prozent der Studienteilnehmer auf. Der Erfolg war, dass diese sehr geringe Zahl durch die Impfung noch etwas reduziert wurde. Die überall kommunizierte «hohe Wirksamkeit von über 90 Prozent» kommt dadurch zustande, dass man misst, wie viel besser die Reduktion bei den Geimpften war im Vergleich zur Placebo-Gruppe. Schwere Verläufe traten bei den Studienteilnehmern so selten auf (beim Pfizer/Biontech-Impfstoff drei in der Placebo- gegenüber einem in der Impfstoffgruppe bei rund 36 000 Teilnehmern), dass man auf dieser Basis wissenschaftlich keine Wirksamkeit proklamieren kann. Pfizer/Biontech schreibt denn auch vorsichtig in der Fachinformation: «Sekundäre Wirksamkeitsanalysen deuteten auf einen Nutzen des Impfstoffs hinsichtlich der Prävention von Covid-19 mit schwerem Verlauf hin, jedoch war die Anzahl der Fälle sehr gering.» Im Comic-Merkblatt für Jugendliche wie auch in der Impfstrategie behauptet das BAG dennoch, dass «die Impfung verhindert, dass man nach Kontakt mit dem Virus schwer krank wird».

Besorgniserregendes Bild


Ist von einem Arzneimittel, das lediglich leichte Krankheitsverläufe um absolut nicht einmal ein Prozent reduziert und bis heute keine Belege dafür geliefert hat, dass es schwere Verläufe in statistisch relevantem Ausmass verhindert, ein grosser therapeutischer Nutzen zu erwarten? Wohl eher nicht.


Und wie steht es um die Sicherheit der Covid-Impfstoffe? Swissmedic hält unbeirrt an einer positiven Nutzen-Risiko-Bewertung fest. Daten aus diversen Studien und Spontanmeldungen weltweit zeigen jedoch ein besorgniserregendes Bild. Der Ausdruck «sicher», wie er für die Impfstoffe in der Werbekampagne so grosszügig verwendet wird, wäre als Bezeichnung für ein Arzneimittel in einer Werbung eigentlich nicht erlaubt. Bekannte (potenziell) schwerwiegende Nebenwirkungen werden im Merkblatt unterschlagen – die Jugendlichen aber gleichzeitig dazu angehalten, sich vornehmlich auf der BAG-eigenen Website zu informieren, auf der «alle wichtigen Informationen zu finden seien», im Gegensatz zum Internet, wo es viele «ungenaue oder falsche Angaben» zur Impfung gebe.

Kati Schepis ist Pharmazeutin ETH und in der Pharmaindustrie tätig.


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